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Rechtsstaat, aber bitte autoritär – Wie die AfD Medienfreiheit, Elitenbegriff und Demokratie umdeutet
- Updated: 4. Mai 2025

Ein Kommentar von Michael Huppertz, Brandenburg
Die AfD gibt sich bürgerlich. Sie spricht von „Rechtsstaatlichkeit“, „Gewaltenteilung“ und „direkter Demokratie“. In ihrem Grundsatzprogramm heißt es selbstbewusst:
„Als freie Bürger treten wir ein für direkte Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sowie soziale Marktwirtschaft, Föderalismus, Familienförderung und die gelebten Traditionen deutscher Kultur.“
(Quelle: Grundsatzprogramm der AfD)
Doch was wie ein klassisches Bekenntnis zur Verfassung klingt, erweist sich bei näherem Hinsehen als gefährlicher Etikettenschwindel. Denn wer sich die medienpolitischen Positionen und das politische Personal der Partei ansieht, erkennt: Die AfD verfolgt ein autoritäres Gesellschaftsbild – getarnt als konservativer Aufbruch.
Zielscheibe Pressefreiheit
Kaum ein Bereich des demokratischen Systems steht so im Fadenkreuz der AfD wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Dessen Sender werden regelmäßig als „Staatsfunk“ oder „System- und Lügenpresse“ verunglimpft – Vokabular, das weniger an demokratische Diskurse erinnert als an autokratische Kampagnen. Im Wahlprogramm der AfD Thüringen heißt es unmissverständlich:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in seiner derzeitigen Form abzuschaffen.“
(AfD Thüringen, Wahlprogramm 2024)
Stattdessen will die Partei den Medienstaatsvertrag kündigen, den Rundfunkbeitrag abschaffen und nur noch ein „Grundangebot“ für Bildung, Kultur und Information zulassen – allerdings nach eigener inhaltlicher Definition. Was von außen wie eine Reform wirkt, würde in der Praxis die mediale Grundversorgung massiv einschränken und kritischen Journalismus ausdünnen.
Dass diese Forderung realpolitisch nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt Brandenburg: Nach §116 des Medienstaatsvertrags kann ein Bundesland mit einjähriger Frist kündigen – sogar ohne Parlamentsbeschluss. Die AfD Brandenburg kündigte 2023 an:
„Die AfD Brandenburg wird sich im Brandenburger Landtag dafür einsetzen, dass das Land den Rundfunkstaatsvertrag, den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag und den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag kündigt.“
(Quelle: AfD Cottbus, 2023)
Ein solcher Schritt würde den rbb – den gemeinsamen Sender von Berlin und Brandenburg – empfindlich treffen. Gleichzeitig könnte eine solche Maßnahme Signalwirkung für andere Bundesländer entfalten. Was hier als Medienpolitik getarnt ist, ist in Wirklichkeit ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit – ein Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Elite im Dienste der Linie
Auch beim Thema Bildung und Leistung zeigt sich die ideologische Doppelmoral der Partei. Die AfD bekennt sich laut Grundsatzprogramm zur „Förderung von Leistung und zur Ausbildung von Eliten“ – ein Begriff, der zunächst harmlos wirkt, in der politischen Praxis aber eine bedrohliche Schlagseite bekommt:
(Quelle: Grundsatzprogramm der AfD)
Denn Elite meint bei der AfD nicht Vielfalt der Begabungen, sondern Konformität der Gesinnung. Statt unabhängiger, pluraler Kompetenzen soll ein nationalkonservatives Führungspersonal aufgebaut werden – linientreu, autoritär, ideologisch gesichert. Presse, Wissenschaft und kulturelle Offenheit erscheinen in diesem Weltbild nicht als Reichtum einer offenen Gesellschaft, sondern als Bedrohung für die Ordnung. Wer als „linksgrün versifft“ gilt, gehört aussortiert, nicht eingebunden.
Verfassungsschutz: Verdacht mit Klartext
Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht das nicht mehr als bloße Rhetorik. Nachdem die AfD bereits seit März 2021 als „Verdachtsfall“ geführt wurde, stufte die Behörde die Partei bundesweit am 2. Mai 2025 als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ ein
(Tagesschau, 02.05.2025). Die Begründung: Die Partei verfolge ein ethnisch-völkisches Volksverständnis, agitiere gegen freie Presse und Institutionen und grenze Minderheiten systematisch aus.
Besonders gravierend zeigt sich die Radikalisierung in Brandenburg. Dort wird der Landesverband bereits seit Juni 2020 vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet
(Tagesschau, 24.06.2020). Zwar wurde eine Hochstufung im Jahr 2024 diskutiert, wurde aber nicht vollzogen. Dennoch ist die personelle Spitze des Landesverbands längst im Fokus der Behörden und spätestens seit dem 2.Mai 2025 als „gesichert“ einzustufen:
- Hans-Christoph Berndt, Fraktionsvorsitzender im Landtag, ist Mitbegründer des Vereins „Zukunft Heimat“, der vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft wird
(MDR, 24.08.2023). - Dennis Hohloch, Landtagsabgeordneter, wird seit 2024 als rechtsextremer Akteur beobachtet
(rbb24, 23.01.2024). - Lars Schieske, ebenfalls im Landtag, teilt nach Einschätzung des Verfassungsschutzes rechtsextreme Positionen
(Tagesspiegel, 15.02.2024).
Diese Personalien sind keine Randerscheinung – sie stehen exemplarisch für die ideologische Stoßrichtung der Partei: Raus aus der demokratischen Mitte, hinein in den autoritären Umbau.
Demokratie als Feindbild
Die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie sie das Bundesverfassungsgericht definiert, beruht auf sechs Säulen: Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Pressefreiheit und Pluralismus. Wer – wie die AfD – systematisch gegen diese Grundsätze arbeitet, bewegt sich außerhalb dessen, was als legitime politische Auseinandersetzung gelten kann. Die „FDGO“, also die freiheitliche Demokratie Grundverordnung, ist keine Ideologie – sie ist das Schutzgerüst einer offenen Gesellschaft.
Fazit: Nicht konservativ, sondern gefährlich
Die AfD spricht von Rechtsstaatlichkeit – meint aber Kontrolle. Sie spricht von Elite – meint aber Linientreue. Sie spricht von Demokratie – meint aber Machtergreifung.
Was in den Programmen bürgerlich daherkommt, wird in der politischen Praxis zur autoritären Drohkulisse: Wer die Pressefreiheit abbauen, kritische Stimmen marginalisieren und unabhängige Institutionen durch Parteipersonal ersetzen will, verfolgt kein demokratisches Reformprojekt – sondern eine autoritär-nationalistische Umgestaltung des Staates.
Die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ ist keine parteipolitische Entscheidung, sondern ein verfassungsrechtliches Alarmsignal. Doch wer dazu schweigt, überlässt die Bühne jenen, die genau diese Ordnung zersetzen wollen.

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