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Folge 1 – Krankenhaus und Rundfunkstaatsvertrag ?

Ein Besuch im Krankenhaus – Die Demokraten, das Nirgendwo und die Geburt der neuen Realität

Stellt euch vor, es ist ein strahlend schöner Tag. Die Vögel singen, die Blumen blühen, und Demokratische Parteien, die glorreichen Hüterinnen der Demokratie, machen sich auf zu ihrem großen Auftritt, es ist bald Wahl, Landtagswahl in Brandenburg: Ein Besuch im Krankenhaus! Doch nicht in irgendeinem Krankenhaus, sondern in einem der letzten verbliebenen – irgendwo im Nirgendwo. Denn wo könnte man die Erfolge der Parteien, die sich dem Wohl der Bürger verschrieben hat, besser feiern als dort, wo Menschen – wie soll man sagen – aufs Leben warten?

Da marschieren sie, die tapferen Demokraten, Seite an Seite, mit dem Lächeln eines Versicherungsvertreters auf den Lippen. Die Krankenhausleitung empfängt sie freudig, allerdings nicht ohne einen gewissen Funken Sarkasmus in den Augen: „Willkommen, willkommen! Sehen Sie hier, die Früchte Ihrer Politik. Keine Ärzte, keine Schwestern, dafür eine Menge fröhlicher Insolvenzverwalter!“

„Das ist ja hervorragend!“, jubelt einer der Parteigänger und klatscht in die Hände. „Endlich können wir auch im Gesundheitswesen die wahre Demokratie einführen – jeder bekommt genau das, was er wählt: Nichts! Das ist doch faire Teilhabe für alle, oder?“ Die Krankenbetten, die wie Relikte aus vergangenen Jahrzehnten aussehen, knarren zustimmend, während ein Pfleger in einem medizinischen Lehrbuch aus dem Jahr 1985 blättert – die einzige verfügbare Fachliteratur im Haus.

„Aber keine Sorge“, beruhigt der Klinikleiter, „Wir haben alles im Griff. Wir nennen es ‚Selbstbehandlung mit Anleitung‘ – das spart Kosten und stärkt die Eigenverantwortung!“

Die Demokraten nicken schweigend und anerkennend, als sie den neuesten Coup der Parteien entdecken: Den Kreißsaal. Oder besser gesagt, den Ort, der einmal ein Kreißsaal war. Nun steht er leer, die Geburtsbetten längst abtransportiert – wer braucht schon eine Geburtseinrichtung in einer Region, in der die Bevölkerung ohnehin seit Jahrzehnten schrumpft? „Der nächste Kreißsaal?“, fragt der Klinikleiter und lächelt milde. „Ein paar hundert Kilometer entfernt, im nächsten Ballungsraum. Aber keine Sorge, unsere Eltern hier sind gut trainiert im Reisen – die Vorfreude ist ja die schönste Freude, oder?“

Und so schließt sich der Kreis, als die Demokraten realisieren: Hier, im Nirgendwo, wird die neue Realität geboren – eine Welt, in der man sich nicht mehr an veralteten Konzepten wie ‚Erreichbarkeit‘ oder ‚Gesundheitsversorgung‘ festklammert. Eine Welt, in der Sparmaßnahmen zur höchsten Form der Bürgerbeteiligung erhoben werden, und wo das Leben buchstäblich auf der Strecke bleibt – aber immerhin eine Strecke, die sich nahtlos ins Nirgendwo fügt.

Doch nicht nur in den Krankenhäusern vollbringen die Demokraten demokratische Wunder. Nein, auch auf dem Feld der Medienfreiheit machen sie sich verdient – oder vielmehr machen sich die anderen verdient, aber die Demokraten schauen so genau hin, dass sie es fast nicht bemerken.

Der Rundfunkstaatsvertrag, dieser altehrwürdige Vertrag, der so zeitlos wirkt wie ein Auslaufmodell der Typen von Schreibmaschinen – nostalgisch oder relevant?

Im Rundfunkstaatsvertrag, jenem heiligen Gral der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft, ist das alte „Fernsehen“ noch fest verankert. Diese Verträge waren einst die Verfassung der Informationswelt, ein Bollwerk gegen Propaganda und Einseitigkeit. „Wir brauchen Pluralität!“, riefen die Väter und Mütter, als die ersten Schwarz-Weiß-Bilder über den Äther flimmerten. Heute aber wird dieses Dokument, das einst die Freiheit der Presse beschützte, zur Zielscheibe für jene, die es gerne umschreiben würden – am besten mit unsichtbarer Tinte.

Die neuen Richtlinien könnten direkt aus einem dystopischen Roman stammen – oder aus einem besonders dreisten Drehbuch für einen DDR-Fernsehfilm. Man stelle sich vor: Ein Nachrichtensprecher, der sich dem Anstand verpflichtet fühlt, aber nur, wenn der Anstand mit den neuen Richtlinien übereinstimmt. Ein Programm, das jeden Morgen mit einem fröhlichen „Guten Morgen, Freiheit“ beginnt, während im Hintergrund die letzte noch existierende Pressefreiheit vom Bildschirm verabschiedet wird, als wäre sie ein altes Relikt aus vergangenen Zeiten.

Wie in der DDR, wo man den einzigen verfügbaren Kanal nur dazu benutzte, die glorreichen Erfolge des sozialistischen Aufbaus zu zelebrieren, haben wir jetzt die Sendungen auf „Eins und Alles“ – unser neuer allumfassender Kanal. Er bringt täglich Nachrichten über das Leben der vorbildlichen Bürger, die sich tapfer den neuen Vorschriften beugen. Man kann sich gar nicht sattsehen an den Geschichten von Familien, die liebevoll jeden einzelnen Satz der neuen Verordnung auswendig lernen und mit glänzenden Augen die „Neuen Wahrheiten“ verkünden.

Die Zuschauer, so sagt man, haben es nicht anders gewollt – schließlich haben sie ja gewählt. Uns. Und gewählt ist gewählt, oder? In der besten Tradition des Fernsehens aus der DDR wird die Stimme der „Wahrheit“ für alle verständlich gemacht – die Wahrheit, die von den klügsten Köpfen hinter den Vorhängen dieser neuen Ära inszeniert wurde. Wenn jemand einen Zweifel äußert, wird er mit einem sanften „Guten Morgen, Freiheit“ und einem Schwenk zur Programmauswahl „Erzieherische Maßnahmen“ freundlich auf den rechten Weg gebracht.

So schließt sich der Kreis, und wir leben wieder in den glorreichen Tagen des Fernsehens, bei dem jeder Kanal, also der eine, genau das zeigt, was die Machthaber für uns als „wahr“ erklären – denn schließlich brauchen wir ja nichts weiter als ein bisschen Retro-Charme, um uns auf die Zukunft vorzubereiten. Willkommen zurück in der goldenen Ära des Fernsehens, nur ohne die alten verstaubten Tabakfabriken und dafür mit einem feinen, modernen Touch.

Und dann, lieber Leser, stehen wir da, vor der ultimativen Wahl. Was machen wir jetzt? Stimmen wir für die Demokraten, die im Krankenhaus neue Sparrekorde aufstellen? Oder für jene Kräfte, die der Wahrheit endlich die Fesseln anlegen wollen, damit sie nicht mehr so unkontrolliert um sich schlägt?

Ach, wenn das Leben doch nur so einfach wäre wie die Wahl eines neuen Fernsehsenders. Aber keine Angst, es ist ja alles nur Satire. Zum Glück. Denn sonst müsste man sich ja wirklich Gedanken machen, wen man wählen soll, wenn der Wahlzettel vor einem liegt. Franz Kafka oder Friedrich Nietzsche hätten es wahrscheinlich so formuliert: Wahrheit will ans Licht, aber das Licht wird zu oft ignoriert. Vielleicht ändert sich die Krankenhauspolitik doch mit dem richtigen Kreuz: Ob es am Ende wirklich nur um das Kreuzchen geht oder vielmehr darum, wer den nächsten Krankenhausbesuch plant – und wie viele Betten dann noch verfügbar sind, werden wir sehen. Und das ist dann eine ganz andere Geschichte.

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